Kleiner Frostspanner - Bedeutung im Streuobst

Der Kleine Frostspanner kann ganz schön gefräßig sein
Der Kleine Frostspanner (Operophtera brumata) gehört zu den wichtigsten Schädlingen im Streuobstanbau. Der Kleine Frostspanner, ein eher unscheinbarer Falter, ist polyphag und kann an vielen Obstarten Schäden verursachen. Die Population unterliegt einer Gradation, die etwa einen Zeitraum von sieben Jahren umfasst. Nach einem starken Auftreten über zwei bis drei Jahre schwächt sich die Population ab, erholt sich wieder langsam und es kann in der Folge innerhalb von zwei Jahren zu einer massenhaften Vermehrung kommen. In Jahren mit starkem Auftreten verursachen die Räupchen des Kleinen Frostspanners schwere bis sehr starke Fraßschäden an Blatt- und Blütenbüscheln bis zum Kahlfraß. Ab Beginn der Fruchtentwicklung fressen vorhandene Räupchen halbseitig die heranwachsenden Früchte aus (sog. Löffelfraß). Die Früchte verkorken, werden missgebildet oder fallen vorzeitig ab. In unbehandelten Anlagen kann dies zum totalen Ernteverlust führen.


Schadbild


Bild 2: Bereits starker Blattfraß an Zwetsche

Bild 2: Bereits starker Blattfraß an Zwetsche

Bild 3: Kahlfraß an Kirsche, totaler Ernteausfall


Bild 4: Fruchtschaden (Löffelfraß) an Zwetsche Cacaks Schöne
Beschreibung
Der männliche Falter ist geflügelt mit einer Spannweite von 22 bis 30 mm. Die Vorderflügel sind abgerundet, graubraun und sind mit dunklen, welligen Querlinien versehen, die Hinterflügel sind hell.
Die Flügel des Weibchens sind zu Stummeln zurückgebildet, daher sind die adulten weiblichen Frostspanner flugunfähig. Der Körper ist 5-7 mm lang, grau bis dunkelbraun mit gelbgrauer Sprenkelung.
Die Eier haben etwa eine Größe von 0,5 x 0,4 mm, sie sind oval geformt und zunächst blass gelblichgrün zur Eiablage, bis zum Schlupf der Larven verfärben sie sich nach orangerot. Die Raupe ist eine typische Spannerraupe mit nur einem Bauchfußpaar und einem Paar Nachschieber am Hinterende. Die anfangs grau gefärbte Raupe wird später typisch grünlich oder bräunlich mit drei weißlichen Längsstreifen und einem dunkelgrünen Mittelstreifen. Die Raupe wird etwa 25 mm lang. Die Puppe ist 7 bis 8 mm lang, braun und gedrungen.

Lebensweise
Der Flug der adulten Männchen beginnt bei warmem Herbstwetter ab Mitte Oktober bis in den Januar, Hauptauftreten ist in der Regel im November und Dezember bei einer etwa 14 Tage dauernden Hauptflug- phase. Tagsüber leben die Falter versteckt, ab der Abenddämmerung fliegen die Falter und die Flugstärke kann mittels Pheromonfallen überwacht werden. Die flugunfähigen Weibchen schlüpfen aus den im Boden ruhenden Puppen. Sie suchen Obstbäume auf und klettern über den Baumstamm in den Kronenbereich. Nach der Kopulation legen sie 100 bis 300 Eier einzeln oder zu mehreren in Vertiefungen oder Rindenritzen der Zweige. Der sich entwickelnde Embryo verfällt in ein Ruhestadium, erst zum Ende des Winters erfolgt die Raupenentwicklung. Der Schlupf beginnt mit dem Öffnen der Knospen bis zur Blütezeit. Der Schlupf der Räupchen kann sehr verzettelt sein und sich bis Anfang Mai hinziehen. Die jungen Räupchen können vom Wind von Baum zu Baum getragen werden und sich so ausbreiten. Die Raupen sind sehr gefräßig, fressen Blüten und Blattknospen aus oder junge Blattbüschel werden lose zusammengesponnen und durchlöchert, später werden auch Früchte geschädigt. Die erwachsenen Raupen lassen sich an einem Spinnfaden zur Erde und verpuppen sich in 5 bis 15 cm Tiefe.

Bekämpfung
Die Prognose kann durch das Anbringen von Leimringen (Bild 5) an mehreren Bäumen in der Anlage verteilt erfolgen. Möglichst grünes, bereits beleimtes Raupenleimpapier verwenden, um einen besseren Nützlingsschutz zu gewährleisten. Anhand der aufgewanderten Weibchen, die auf den Leimringen festgestellt werden können (Bild 6), kann auf einen Befall im kommenden Frühjahr in der Anlage bzw. an einem Baum geschlossenwerden. Die Leimringe müssen nach dem Aufwandern der Weibchen entfernt werden, damit schlüpfende Räupchen nicht vom Leimring auf den Baum überwandern können. Bei der Verwendung von Leimringen auch mögliche Brücken, wie z.B. Baumpfähle, berücksichtigen und auch hier einen Leimring anlegen.


Bild 5: Leimring an Süßlirsche


Bild 6: Frostspanner auf Leimring
Die nachfolgende Tabelle gibt beispielhaft einen Überblick über das Aufwandern der Frostspannerweibchen an älteren Süßkirschen-Hochstämmen im Herbst 2004.


Frostspannerprognose mit grünem Leimring an Süßkirschen
Baum-Umfang [cm]Weibchen am 22.11.04Weibchen am 02.12.04
70
7
7
76
95
106
120
92
115
86
33
42
135
69
69
118
25
25
125
30
32

Bei solch starkem Auftreten von ca. 30 bis mehr als 100 Frostspannerweibchen je Leimring ist mit einem erhöhten Befallsrisiko zu rechnen.
Bei ordnungsgemäßer Anwendung kann der Leimring den Befall im Frühjahr deutlich reduzieren, insbesondere bei Einzelbäumen.
Anlagen in Waldnähe sind aufgrund der Verwehungsmöglichkeit der Junglarven besonders gefährdet.
Natürliche Feinde sind einige Schlupfwespenarten, Laufkäfer, Raubwanzen und Vögel, vor allem Meisen.
Für die Bekämpfung im integrierten Erwerbsanbau gelten die nachfolgend aufgeführten Schadschwellen. Zwischen Austrieb und spätestens bis zum Blühbeginn kann die Anzahl der vorhandenen Räupchen in den Blatt- bzw. Blütenbüscheln gezählt werden. Abhängig von der festgestellten Anzahl Räupchen kann über eine mögliche Bekämpfung nachgedacht bzw. entschieden werden.


Zur Bekämpfung stehen sowohl für den ökologischen als auch den integrierten Anbau verschiedene Präparate zur Verfügung. Bei der Bekämpfung von Frostspannerräupchen werden in der Regel andere Schmetterlings- raupen wie Goldafter, Schwammspinner, Schlehenspinner, aber auch Eulenraupen wie Pyramideneule und Blaukopf miterfasst.
Werden Förderprogramme in Anspruch genommen, sind die Vorgaben zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entsprechend zu beachten.
Da in der Regel ein verzettelter Schlupf der Frostspannerräupchen über 3 bis 4 Wochen stattfindet, ist, sofern eine Bekämpfungsmaßnahme sinnvoll ist und erfolgt, nach der Behandlung eine Erfolgskontrolle durchzuführen.
Günter Hensel, DLR Rheinpfalz, Oppenheim

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