Tipps für eine unbeschwerte Ernährungserziehung

Ihr Kind will partout keine Kartoffeln essen, mag keinen Spinat, isst die Nudeln nur trocken, rümpft bei Milch die Nase und würde eine Tafel Schokolade am liebsten auf einmal essen?
Keine Sorge, Sie sind mit diesen oder ähnlichen Erfahrungen nicht alleine. Fast alle Eltern haben irgendwann Ärger mit ihren Kindern. Eigentlich schade, denn gerade die gemeinsamen Mahlzeiten sind etwas Schönes und sollen Spaß machen.
Aber wie bringt man Kindern bei, dass vollwertiges Essen nicht nur gesund ist, sondern auch gut schmecken kann?


Das große Angebot an vielfältigen Lebensmitteln bietet optimale Voraussetzungen für eine gesunde Ernährung.

Eine gesunde Ernährung sollte heute eigentlich selbstverständlich sein. Das Angebot an Lebensmitteln war noch nie so groß und vielfältig. Wir können praktisch alles kaufen, was wir benötigen. Und dennoch nehmen ernährungsabhängige Krankheiten wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselerkrankungen oder Allergien immer weiter zu. Das allgemeine Ernährungsverhalten lässt also erheblich zu wünschen übrig.
Falsche Ernährung können außerdem die körperliche, geistige und seelische Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit beeinträchtigen. Lehrer beobachten immer häufiger, dass Schulkinder schnell ermüden, dass sie unkonzentriert und immer weniger in der Lage sind, lange und ausdauernd an einer Sache zu arbeiten.


Eine Ernährungserziehung sollte gezielt und wirkungsvoll sein.

Eine gezielte Aufklärung und wirkungsvolle Ernährungserziehung zum gesunden Ernährungsverhalten ist also notwendig. Simple Verbote und feste Verhaltensvorschriften, wie sie in der Vergangenheit praktiziert wurden, haben wenige Erfolge erzielt. Sie können die Orientierung des Essverhaltens im Überfluss sogar erschweren und unter Umständen Essstörungen fördern.


Kinder lernen durch Vorbilder.

Den Anfang und damit den Grundstein der Ernährungserziehung bildet das Essen und Trinken in der Familie. Dabei spielt das Essverhalten der Eltern eine entscheidende Rolle. Nach und nach bevorzugen Kinder dieselben Lebensmittel wie Personen, mit denen sie gemeinsam essen. Die Kinder ahmen das Verhalten der Großen nach. Einstellungen und Werte werden ebenfalls abgeschaut. Bringt beispielsweise die Mutter ihren Kindern gegenüber zum Ausdruck, dass ihr Fisch nicht schmeckt, werden die Kinder kaum eine Vorliebe für Fisch entwickeln.
In späteren Jahren bestimmen dann zunehmend Freunde, Kindergarten, Schule aber auch Werbung das kindliche Ernährungsverhalten.


Kinder essen mit allen Sinnen.
  • Kinder hören beim Essen und Trinken nicht vornehmlich auf den Kopf, sondern auf ihr Gefühl. Das Essen muss appetitlich aussehen, lecker riechen, sich toll anfühlen und super schmecken. Wenn man es verspeist hat, soll man sich rundum wohl fühlen. Kinder schmecken, riechen und fühlen empfindsamer als Erwachsene.
  • Was die Kinder nicht mögen, das ist Chaos auf dem Teller. Sie lieben unterschiedliche Komponenten, aber immer wieder voneinander getrennt. Mischen wollen sie selber. Kinder sind detailverliebt, deshalb haben es Vollkornprodukte, Obst oder Gemüse mit natürlichen Macken bei ihnen besonders schwer. Ein noch so gesundes Essen, das diese Anforderungen nicht erfüllt, kommt nicht gut bei den Kindern an.
  • Kinder brauchen Spaß beim Essen. Und Spaß machen gemeinsame Mahlzeiten, bei denen man miteinander reden, lachen, lauschen und genießen kann. Ein liebevoll gedeckter Tisch und eine harmonische Atmosphäre sind ebenfalls wichtig.
  • Kinder lieben Finger Food. Wenn Obst oder Gemüse klein geschnitten oder sogar in Form von Gesichtern oder Tieren angeboten werden, greifen sie lieber zu.
  • Kinder sollten bei der Auswahl und der Zubereitung der Mahlzeiten beteiligt werden. Kinder können bereits früh Mitverantwortung für ihre Ernährung übernehmen. Die Selbstständigkeit ihres Kindes wird so nicht unerheblich gefördert. Wenn die Kinder möglichst viel über das Lebensmittel erfahren, bauen sie zu ihnen ein besonderes Verhältnis auf. So schmeckt die Kartoffel ganz anders, wenn man sieht, wo sie wächst, sie selber erntet und zubereitet, als wenn man sie als Kartoffelpüree fertig serviert bekommt.


Von den Erkenntnissen der Verhaltensforschung können wir lernen.
  • Warum essen wir so gerne Süßes oder Fettes? Noch vor wenigen Jahrzehnten bedrohten uns Hunger und Nahrungsmangel. Wer am meisten Lust auf süße und fettige Speisen hatte und am meisten aß, überlebte die häufigen Hungerzeiten am besten. Die Erfahrung war lebenswichtig, deshalb wurde sie in das Gen-Programm der Menschheit aufgenommen. Heute werden wir immer noch von diesem Konzept gesteuert: Süßes und Fettiges verführt. Doch hat dieses zu Zeiten des Überflusses fatale Folgen. Die Vorliebe für Süß ist also angeboren, verbunden mit einer Ablehnung von bitteren oder starken Geschmacksnoten. Mit zunehmendem Alter ändert sich das.
  • Neben den Genen prägt die Macht der Gewohnheiten unser Essverhalten. Auch dieses ist biologisch sinnvoll. Die Kinder der Steinzeit ahmten ihren Eltern nach und waren sich so sicher, dass die Früchte auch genießbar waren. Noch heute muss ein neues Lebensmittel oft häufig angeboten werden, bis ein Kind das erste Mal zugreift. Angeborene Präferenzen, wie beispielsweise die Vorliebe für Süß, können durch Erfahrung verändert und durch neue Geschmacksvorlieben ersetzt werden. Daher sollte Kindern immer wieder gesunde Lebensmittel angeboten werden. Je häufiger sie mit bestimmten Lebensmitteln konfrontiert werden, um so eher entwickeln sie eine Vorliebe dafür.
  • Vernünftige Argumente, wie „macht dick“ oder „ist ungesund“, ändern nicht das Ernährungsverhalten der Kinder. Diese leben im „Hier und Jetzt“ und können sich nicht vorstellen, was in Zukunft sein wird.

Bis zur Einschulung haben die Kinder wesentliche Prägungen erfahren. Alle Ernährungserziehung danach ist unendlich schwieriger.


Alltägliche Hemmnisse bei der Ernährungserziehung
  • Alles zu jeder Zeit an jedem Ort kennzeichnet heute die Ernährungssituation insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Fast Food Restaurants, Kioske, Tankstellen mit Bistro und zu Hause die Mikrowelle in Kombination mit dem Tiefkühlschrank erlauben eine Ernährung, die vom Mahlzeitenrhythmus und von der Familie losgelöst ist.
  • Wichtigere Ereignisse lenken die Kinder vom Essen ab. Bereits im Kindergartenalter fängt der Trend an. Kinder essen gerne „nebenbei“ und wollen ihre Spiele dabei nicht unterbrechen. Es ist ja „so viel los“! Dabei wird das Essen und Trinken zur Nebensache und wird in solchen Situationen eher als Belastung denn als Spaß empfunden.
  • Kenntnisse über die Zubereitung von Mahlzeiten sind in vielen Familien verloren gegangen. Wenn die Eltern nicht kochen können, ist es für die Kinder fast unmöglich, diese Fähigkeiten zu erlernen.


Und so macht gesundes Essen allen Spaß

Kinder lernen gesunde Ess- und Trinkgewohnheiten, ohne dass die Mahlzeiten zum Stressfaktor für die Familie werden müssen:
  • Seien Sie Vorbild. Wichtig ist, dass sich auch die Eltern gesund ernähren. Das Kind würde nicht verstehen, warum die Eltern ständig etwas anderes essen als das, was es selber zu sich nehmen soll.
  • Entwickeln Sie feste Essgewohnheiten. Ideal sind drei Hauptmahlzeiten sowie eine Zwischenmahlzeiten morgens und nachmittags, jeden Tag zur gleichen Zeit. Ein ständiges Anbieten von Gebäck oder Salzstangen zwischendurch ist nicht nötig. Ihr Kind verliert so sein normales Hungergefühl!
  • Beziehen Sie das Kind in die Essplanung mit ein. Lassen Sie es zwischen zwei oder drei Alternativen entscheiden.
  • Beteiligen Sie das Kind an den Zubereitungen. Gemeinsam Kochen und Backen macht Spaß.
  • Geben Sie Ihr Wissen über gesunde Lebensmittel an Ihr Kind weiter.
  • Vermitteln Sie dem Kind auch Freude an der Zubereitung und am Verzehr (Eltern als Vorbild). Essen ist kein lästiges Übel!
  • Keine absoluten Tabus. Sie machen Ungesundes nur noch attraktiver. Bereiten Sie Pommes oder Pizza gesund zu und kombinieren Sie diese mit etwas Vollwertigem, z.B. ein Blattsalat zur Pizza.
  • Nicht zum Essen zwingen! Zwang kann die Abneigung verstärken oder sogar das Hunger- und Sättigungsgefühl beeinträchtigen. Kinder verfügen noch über ein funktionierendes Hunger-Sättigungs-Regulationssystem, welches das Körpergewicht langfristig stabilisiert.
  • Essen nie zur Belohnung oder Trost einsetzen. Kinder entwickeln erhöhte Präferenzen für Lebensmittel, die ihnen als Belohnung gegeben werden. Eine vernünftige Einstellung zum Essen kann so erschwert werden.
  • Loben Sie Ihr Kind für gutes Essverhalten.

Wenn Sie alle diese Punkte beachten, werden langwierige Diskussionen über das allgemeine Essen langfristig abnehmen und enden. Vor allen Dingen sollte man die Ruhe bewahren und kurzfristige Essschwierigkeiten nicht überbewerten.


ernaehrungsberatung@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de